SIRKA
Hintergrund
Das Gesamtprojekt
Für das Projekt SIRKA steht eine Anwendung von unaufdringlicher Mensch-Technik-Interaktion im Fokus: Sensorik in der Kleidung, die wichtige k?rperliche Funktionen m?glichst unsichtbar überwacht und nur bei Ausnahmesituationen mit dem Nutzer in Interaktion tritt; der Sensoranzug mahnt, sobald Grenzwerte überschritten sind, die Nutzer/in, Physiotherapeut/in und Arzt/?rztin gemeinsam individuell festgelegt haben; der/die ?mündige“ Nutzer/in entscheidet selbst, wie er/sie die Mahnung interpretiert (sofern nicht eine Notsituation eintritt); er/sie koppelt erhobene Daten mit Arzt/?rztin bzw. Physiotherapeut/in zurück.
Der von SIRKA geplante Sensoranzug enth?lt verteilte intelligente Sensor-Knoten, die verschiedenartige Sensoren einbinden, somit eine Vielzahl von Daten messen und schon lokal fusionieren bzw. auswerten k?nnen; dadurch wird die unaufdringliche Interaktion m?glich. SIRKA fokussiert auf Sensorik für k?rperliche Aktivit?t; eine Erweiterung mit weiteren Vitaldaten bleibt künftigen Projekten vorbehalten. Die ?berwachung k?rperlicher Aktivit?t hat zwei Facetten: einerseits die Vermeidung von ?beranstrengung (Einhaltung von Obergrenzen), um ein m?glichst langes pers?nliches Arbeitsleben zu erm?glichen; andererseits eine fordernde Therapie, die z.B. für Reha-Patienten zuhause und bei Ausflügen individuell gezielte Aktivit?tsma?nahmen (?berschreitung von Untergrenzen) anmahnt.
Das Projekt SIRKA greift sich aus diesem Spektrum die Anwendung in der Arbeitswelt heraus, da hier die kommerzielle Perspektive sehr konkret ist. So wird von der Fa. Rofa ein Messanzug entwickelt, der unmittelbar in der Werftindustrie und im Rettungs- und h?uslichen Pflegedienst eingesetzt werden kann. Diese Messanzüge, die zun?chst von Firmen angeschafft und als Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt werden, k?nnen sich somit nach und nach zum preiswerten Massenmarkt weiter entwickeln (ggf. mit weiteren Sensoren), so dass sie auch bei Reha-Patienten nach einem Klinikaufenthalt, und schlie?lich Senioren in AAL-Anwendungen eingesetzt werden k?nnen.
Das konkrete Ziel des Projekts SIRKA besteht darin, einen neuartigen Messanzug zu entwickeln, mit dessen Hilfe Bewegungsabl?ufe und die damit verbundenen k?rperlichen Belastungen in handwerklichen Berufen pr?zise, in jeder Einzelheit der Bewegung, gemessen werden k?nnen, ohne dass der Benutzer durch das Tragen des Anzuges bei der Verrichtung seiner beruflichen T?tigkeiten gest?rt wird. Das Mess-System ist modular aufgebaut und dadurch auch für künftige weitere Anwendungen leicht und kostengünstig erweiterbar. Die Integration der Sensorik in die im Arbeitsleben getragene Berufskleidung erh?ht das Akzeptanzniveau der Benutzer, denn im Vergleich zu bestehenden Messanzügen, deren Messelektronik relativ schwer ist und normale Bewegungsabl?ufe behindert, f?llt das integrierte System beim Arbeiten kaum auf. Dadurch wird es m?glich, tats?chliche Bewegungsabl?ufe zu messen, die nicht durch das Mess-System selbst beeintr?chtigt werden. Die zu Anfang erhobenen Daten werden zu Belastungsindizes aggregiert, von Medizinern analysiert; zusammen mit den Nutzern werden individuelle Grenzwerte zusammen mit physiotherapeutischen Ma?nahmen festgelegt; über die Mahnung erfolgt eine Rückmeldung, die individuell interpretiert wird (der Mitarbeiter kann aktiv eine gesündere Arbeitsweise einnehmen oder die verrichtete Arbeit für einen kurzen Moment unterbrechen); schlie?lich werden die gesammelten Daten mit Medizinern turnusgem?? besprochen und ggf. für eine neue Festlegung von Mahngrenzen genutzt.
Die Flexibilit?t und die geringe Gr??e des Systems machen es ideal für den Einsatz im Bereich nicht wiederkehrender Bewegungsabl?ufe, wie beispielsweise Schwei?arbeiten im Schiffsbau oder auch im Rettungsdienst, der durch kurze Spitzenbelastungen gepr?gt ist, die bedingt durch st?ndig wechselnde Anforderungen immer wieder unterschiedliche Bewegungsabl?ufe erfordern. G?ngige Systeme sind in diesen Bereichen nicht einsetzbar, weil sie den Benutzer in den Bewegungen einschr?nken und durch herausragende Teile auch eine potentielle Gef?hrdung (beispielsweise für den Schwei?er bei sehr beengten Arbeiten) darstellen. Eine ?bertragung auf andere Anwendungen wie standardisier-te Bewegungsabl?ufe oder andere Industrien wird für die künftige Verwertung angestrebt.
An die Sensorik und Datenauswertung werden hohe Anforderungen gestellt, da diese im industriellen Umfeld auch unter widrigen Umgebungsbedingungen verl?ssliche Daten liefern und zuverl?ssig funktionieren müssen. So werden z.B. die g?ngigen eingesetzten Magnetometer in einer Werft oder aber auch im Automobilbau vom Stahl beeinflusst und liefern voraussichtlich nicht korrekte Daten. Dem wird durch eine innovative Sensorfusion begegnet, die ohne diese Information auskommt.
Somit ist ein wichtiger Anwendungsbereich die Früherkennung von Risikofaktoren für Berufskrankheiten. Den betroffenen Mitarbeitern soll, auch durch begleitende physiotherapeutische Ma?nahmen, aktiv dabei geholfen werden, Bewegungsabl?ufe optimal zu gestalten und damit bereits die Entstehung von Berufskrankheiten, die meist erst in der zweiten Lebensh?lfte auftreten, zu verhindern. Auf organisatorischer Ebene k?nnen die Analysen als Ansatzpunkte für neue passgenaue betriebs- und arbeitsfeldspezifische Konzepte genutzt werden, die Entlastungsphasen bereits in der Arbeitsplanung berücksichtigen; dieses Thema wird hier aber nicht weiter behandelt.
Eine wesentliche St?rke des vorgestellten Projektkonsortiums liegt darin begründet, dass Partner aus der gesamten Wertsch?pfungskette vertreten sind. So k?nnen von der Hard- und Softwareentwicklung über die Integration in Berufskleidung und der medizinischen Interpretation der Daten bis zur Erprobung des Systems durch Anwendungspartner alle Bereiche hervorragend abgedeckt werden. Auch die r?umliche N?he der Projektpartner ist eine sehr gute Voraussetzung für eine erfolgreiche und ergebnisorientierte Zusammenarbeit.
Konsortialführer des Gesamtprojektes ist die münsteraner Firma Budelmann Elektronik GmbH, das Projektkonsortium besteht aus:
- 正规赌篮球软件 Osnabrück
- OFFIS e.V. – Institut für Informatik
- Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH
- Budelmann Elektronik GmbH
- MEYER WERFT GmbH
- Johanniter-Unfall-Hilfe e.V.
- rofa Bekleidungswerk GmbH & Co. KG
Die Aufgabe der Physiotherapie besteht in diesem Projekt in einer Art ?Mensch-Maschine-Interaktion“:
- Auf der einen Seite werden die Daten des Sensoranzuges ausgewertet und interpretiert. Durch die Aufbereitung der einzelnen physischen Parameter lassen sich Tendenzen erkennen, wann es zu Belastungsspitzen, bzw. ?berlastungen kommt. Dadurch ist eine Festlegung von Belastungskennzahlen m?glich. Eine weitere Einteilung in Subgruppen (z.B. nach T?tigkeit, Alter der Probanden, etc.) erm?glicht eine detailliertere Betrachtung der Ergebnisse. Eventuell wird es m?glich sein, typische Bewegungsmuster zu identifizieren, die für bestimmte Beschwerden verantwortlich sind.
- Auf der anderen Seite werden von den Probanden weitere Informationen eingeholt (klinischer Befund, Vorerkrankungen, individuelle Grenzen, etc.). Dies wird wichtig sein, um funktionelle Dysfunktionen zu erkennen. Es besteht beispielsweise die M?glichkeit, dass der Sensoranzug über eine Rückkopplungskomponente eine Belastungsgrenze erkennt und entsprechend reagiert. Der Proband muss subjektiv aber nicht zwingend Einschr?nkungen oder Schmerzen verspüren, die zu einem Belastungsabbruch führen würden. Um hier eine Einsch?tzung vornehmen zu k?nnen, ist eine individuelle Informationssammlung n?tig. Zus?tzlich werden Informationen aus der theoretischen Wissensbasis u.a. aus Anatomie, (Neuro-) Physiologie, Biomechanik, Pathologie und Psychologie mit herangezogen.
Diese beiden Teilbereiche werden abgeglichen. Es kommt zur Verknüpfung der Daten aus der technischen Komponente und der klinischen Informationssammlung mit dem Ziel der Entwicklung eines medizinischen Nutzermodells. Auf Basis dieses Modells werden individuelle Pr?ventionsstrategien abgeleitet. Dabei kann es sich beispielsweise um eine arbeitsplatzergo-nomische Beratung vor Ort, um individuelle Trainingsprogramme oder ?hnliches handeln.
Im weiteren Verlauf der Anwendung dieses Sensoranzuges in Kombination mit entsprechenden individuellen Pr?ventionsma?nahmen k?nnen die dann neu entstehenden Datenmengen ausgewertet werden und mit den ursprünglichen Daten verglichen werden. Diese Rückkopplung erm?glicht eine Bewertung der Auswirkung der Pr?ventionsma?nahmen auf den jeweiligen Arbeitnehmer. Somit dient der Sensoranzug auch als sinnvolles Assessment bezüglich therapeutischer Interventionen auf Teilhabeebene. Es werden keine einzelnen Komponenten wie beispielsweise Gelenkmobilit?t oder Kraft gemessen, die auf das Teilhabeerleben eines Patienten keine gro?e Aussagekraft haben. Somit erfüllt der Sensoranzug auch die Anforderungen der Kostentr?ger nach einer st?rkeren Berücksichtigung der Teilhabeebene der ICF.